Der Bleistift ist unter den Schreibgeräten ein unterschätzter Superstar. Vom Schulschreiben bis zur Kunstzeichnung ist er vielseitig einsetzbar. Er ist anspruchslos, witterungsresistent, erschwinglich, kann korrigiert werden – und funktioniert sogar unter Wasser und im Weltall. Wie wurde der Bleistift zu dem, was er heute ist? Wir von Staehlin erzählen seine Geschichte und seine enge Verbindung mit dem Unternehmen Faber-Castell.

Im 16. Jahrhundert entdeckt man in Großbritannien ein rätselhaftes Material: Dunkel und bleiartig ist es, es fühlt sich fettig an und färbt die Hände. Da es auf Wolle gut hält, nutzen es Schäfer, um ihre Tiere zu markieren. Und irgendwann nimmt ein kluger Geist das Material in die Hand und setzt es auf ein Stück Papier …

Der Bleistift besteht nicht aus Blei

Auch wenn sich der Mythos bis heute hartnäckig hält: Bei dem Material handelt es sich nicht um Blei, sondern um Graphit. Die Briten bauen nachweislich seit 1565 Graphit ab – damals noch in der Annahme, dass es sich um „Bleierz“ handle. Dieser Irrtum soll erst im 18. Jahrhundert aufgeklärt werden – den Namen „Bleistift“ wird das Schreibgerät aber nicht mehr los.

Ursprünglich wurden Schafe mit Graphit markiert.

Erste Bleistifte aus Großbritannien

Im Norden Englands wird der Graphit aus der Grube geholt, um daraus die Vorläufer der heutigen Bleistifte herzustellen. Dafür sägt man den Graphit zu Stangen und legt ihn zwischen zwei Holzstücke – fertig! Rasch wird die Grube ausgebeutet, die Vorräte gehen zur Neige, die Preise steigen in Windeseile. Um dennoch viele Stifte verkaufen zu können, wird der Graphit mit Bindemitteln wie Leim oder Gummi gestreckt – das geht zu Lasten der Qualität. Da Großbritannien jedoch ein Bleistift-Monopol innehat, können die Briten selbst die minderwertigen Stifte zu hohen Preisen verkaufen.

Bleistifte in Deutschland

Deutschland ist in Sachen Bleistiftproduktion lange ein kleines Flämmchen. In Nürnberg etablieren sich erste „Bleystefftmacher“, unter ihnen ist 1761 der Schreiner Kaspar Faber, der den Grundstein legt für das heute weltweit bekannte Unternehmen Faber-Castell. Über mehrere Jahrzehnte ist der Ruf deutscher Bleistifte eher schlecht: Die Qualität ist dürftig, es mangelt an Rohstoffen, Stifte müssen anonymisiert auf den Markt gehen und Hersteller sind in höchstem Maße von den Händlern abhängig. Die Bleistifte aus Franken werden abschätzig als „Nürnberger Tand“ bezeichnet.

Der älteste Bleistift stammt aus dem 17. Jahrhundert. © Faber-Castell

Revolution in der Bleistiftwelt: Lothar von Faber

Das alles soll sich ändern, als in vierter Generation Lothar von Faber das Unternehmensparkett betritt. Der junge Man setzt voll und ganz auf Qualität – ein Anspruch, der zum Erfolg führen wird. Lothar von Faber strotzt vor Energie und Ideenreichtum. Er bereist die Welt, löst sich von Zwischenhändlern, erschließt sich eigene Kundenkreise und sichert sich 1856 die alleinigen Abbaurechte einer Graphitmine in Sibirien. In ihr wird der beste Graphit der damaligen Zeit ausgehoben. Zu diesem Zeitpunkt gibt es fast keinen britischen Graphit mehr. Das nutzt Lothar von Faber für sich. Bereits ab 1837 kennzeichnet er seine Bleistifte mit dem Schriftzug „A.W. Faber“ – zu dieser Zeit ein extrem ungewöhnlicher Schritt. „A.W. Faber“-Stifte werden die ersten Markenschreibgeräte der Welt.

„… indem ich das Beste mache, was überhaupt in der Welt gemacht wird.“ Lothar von Faber ist ein Mann mit großen Zielen.

Neue Verfahren in der Bleistift-Produktion

Bereits Ende des 18. Jahrhunderts wird in Frankreich und Österreich das Ton-Graphit-Verfahren entwickelt, bei dem die beiden Elemente gemischt und zu Minen geformt und gebrannt werden. So können Bleistifte mit unterschiedlichen Härtegraden hergestellt werden. Lothar von Faber stellt sein Unternehmen auf den Kopf, um es zu modernisieren: Eine Wasserkraftanlage entsteht, die Holzverarbeitung wird mechanisiert und eine Dampfmaschine unterstützt das Team – willkommen in der industriellen Revolution! Lothar von Faber ist der erste, der Bleistifte in ihre bis heute gängige sechseckige Form packt. Außerdem legt er Normen für Länge, Stärke und Härtegrade fest, die von nahezu allen anderen Fabrikanten übernommen werden.

Diese Farblihtografie zeigt die Produktionswerke von Faber-Castell in Stein bei Nürnberg im Jahr 1861.

Bleistifte aus Nürnberg werden weltbekannt

Nürnberg entwickelt sich zur Bleistiftstadt. Um 1900 sind in der Stadt 25 Bleistiftfabriken angesiedelt, die jährlich bis zu 250 Millionen Stifte mit einem Wert von 8,5 Millionen Mark herstellen. Zu diesem Zeitpunkt beschäftigt allein das Unternehmen Faber-Castell rund 1.000 Mitarbeiter. Lothar von Faber legt viel Wert auf gelungenes Marketing. Mit Musterkoffern reist er durch die ganze Welt, um Kunden von seinen Produkten zu überzeugen. Die Bleistiftetiketten lässt er bei den besten Lithografen erstellen und er gibt sich viel Mühe bei der Gestaltung von Katalogen, Briefbögen und Preislisten. Um seine erfolgreiche Marke vor Namensdiebstahl zu schützen, reicht Lothar von Faber 1874 eine Petition zum Schutz des Markenartikels beim Deutschen Reichstag ein. 1875 tritt das Gesetz in Kraft und der Geschäftsmann schützt nicht nur die Zukunft seiner, sondern auch die vieler anderer Marken.

Bleistiftproduktion bei Faber-Castell 1861: Hier sieht man die Schlemme, in der Graphit und Ton zu einer Masse vermengt werden. © Archiv Faber-Castell

In Mühlen wird die Graphit-Ton-Mischung fein gemahlen. © Archiv Faber-Castell

Die Bleistiftmasse wird von Arbeitern zu ihrer minenartigen Form verarbeitet. © Archiv Faber-Castell

Das Holz, das später die Bleistiftmine fasst, wird klein geschnitten. © Archiv Faber-Castell

Die Bleistiftminen werden in das Holz eingeleimt. © Archiv Faber-Castell

Die Bleistifte werden in runde, ovale dreieckige, viereckige oder sechseckige Formen gehobelt. © Archiv Faber-Castell

Die Bleistifte werden mit Farbe und dem Firmenzeichen versehen. © Archiv Faber-Castell

Die Bleistifte werden in Einheiten verpackt und mit Etiketten versehen. © Archiv Faber-Castell

„Castell 9000“: Ein Klassiker unter den Bleistiften

Ende des 19. Jahrhunderts wird das Familienunternehmen gräflich: Durch die Hochzeit von Ottilie von Faber mit Alexander Graf zu Castell-Rüdenhausen wird „von Faber“ zu „von Faber-Castell“. Graf Alexander ist ein Quereinsteiger im Bleistift-Business. Dennoch gelingt ihm mit Einführung des grünen „Castell 9000“ im Jahr 1905 ein großer Erfolg. Schnell entwickelt sich der wertige Bleistift zum absatzstärksten Produkt im Sortiment – bis heute wird er gerne gekauft.

Bleistiftproduktion heute

Nürnberg hat sich als deutsche „Bleistifthauptstadt“ gehalten. Über 1,8 Milliarden Bunt- und Bleistifte pro Jahr werden alleine bei Faber-Castell hergestellt. Dabei legt das Unternehmen höchsten Wert auf moderne Herstellungsverfahren und eine ressourcenschonende Produktion. Erfahrung aus mehreren Jahrhunderten, gepaart mit einem offenen Blick in die Zukunft: So entstehen bei Faber-Castell Produkte wie der bekannte Bleistift „Grip 2001“ oder der „Perfekte Bleistift“ – eine ganz besonders edle Variante des Bleistifts im Rahmen der Luxusmarke Graf von Faber-Castell.

Einfach perfekt: Der „Perfekte Bleistift“ von Graf von Faber-Castell.

Video: So werden Stifte hergestellt

Sie möchten wissen, wie die einzelnen Produktionsschritte eines Stifts heute aussehen? Dann schauen Sie in dieses spannende Video. Hier nimmt uns Faber-Castell mit in seine Produktionshallen.

https://www.youtube.com/watch?v=hXsaH1qNo_4

Bleistifte bei Staehlin

Sie merken schon: Wir sind riesige Fans der grauen Multitalents! Deswegen finden Sie in unserem Geschäft in Kempten eine große Auswahl verschiedener Bleistifte mit ganz unterschiedlichen Eigenschaften. Ob Form oder Härtegrad, für die Schule, im Büro oder im künstlerischen Bereich – bei uns wartet der richtige Bleistift auf Sie. Wir freuen uns auf Ihren Besuch.