Graphologie: Deutung der Handschrift
Gibt die Handschrift Aufschluss über den Charakter? Kann man zwischen den Buchstaben die Persönlichkeit eines Menschen herauslesen oder ist das alles nur pseudowissenschaftlicher Humbug? Wir haben die „Lehre von der Handschrift als Abbild des Charakters“, die sogenannte Graphologie, einmal genauer unter die Lupe genommen und klären gängige Mythen für Sie auf.
Was ist Graphologie?
Der Begriff „Graphologie“ ist abgeleitet von den griechischen Wörtern „graphein“ (schreiben) und „logos“ (Wort, Lehre). Als Graphologie wird „die Lehre von der Bedeutung der Handschrift als Abbild des Charakters“ bezeichnet. Diese „Lehre“ ist jedoch weder eine anerkannte Wissenschaft noch gibt es dafür eine klassische Berufsausbildung. Trotzdem sind ihre Anhänger davon überzeugt, dass sie aus Handgeschriebenem das Wesen des Verfassers oder der Verfasserin erkennen können.
Schon zu Beginn des 1. Jahrhunderts gab es vereinzelt Deutungen von Handschriften. Die Praxis wurde erstmals von Camillo Baldi, einem italienischen Arzt, dokumentiert. Aber erst der französische Priester Jean-Hippolyte Michon (1806–1881) sprach der Graphologie einen wissenschaftlichen Anspruch zu und veröffentlichte 1875 in seinem Werk „Système de Graphologie; l’art de connaître les hommes d’après leur écriture“ („System der Graphologie; die Kunst, Menschen aufgrund ihrer Handschrift zu kennen“) ein selbst entwickeltes Analysesystem.
In Deutschland wurde die Graphologie durch den deutschen Psychologen Ludwig Klages (1872–1956) bekannt. In seinem Buch „Handschrift und Charakter“, stellte er 1917 umfangreiche Deutungstabellen auf. Er ging davon aus, dass seelische Kräfte und Gegenkräfte an der Schrift „zerren“ und man dadurch einen Einblick in das Innenleben eines Menschen erhalten können.
Wir nehmen es mal vorweg: Wir wissen nicht, ob Ihre Handschrift etwas über Sie aussagt. Die Wahl Ihres Schreibgeräts tut es aber auf jeden Fall. Extrovertiert farbig, zurückhaltend in Silber oder doch lieber nostalgisch im 60er-Jahre-Retro-Style: Welcher Stift-Typ sind Sie? Wir von Staehlin lieben unter anderem die Füller von Kaweco. Es gibt sie in vielen verschiedenen Farben und Ausführungen!
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Graphologie: Deutung und Merkmale
Graphologen achten bei ihrer Analyse nicht nur auf die Größenverhältnisse der Ober-, Mittel- und Unterlängen innerhalb einzelner Worte und auf etwaige Buchstaben-Schnörkel. Es gibt eine Vielzahl weiterer wichtige Merkmale der Handschrift, die sie sich genauer anschauen. Zum Beispiel Rhythmus und Schriftfluss. Ebenso achten sie auf ein einheitliches Schriftbild und auf die Originalität der Schrift, also ob sie einen authentischen Eindruck macht. Aufschlussreich ist auch, wie fest eine Person beim Schreiben aufdrückt. Die Graphologie deutet es so: Je höher der Druck, desto emotionaler und leidenschaftlicher – je leichter, desto introvertierter ist eine Person.
Auch Punkte, insbesondere i-Punkte, sind für Schriftdeuter aufschlussreich: Sitz der Punkt direkt über dem Buchstaben interpretieren sie das als Zeichen für Organisation und Mitgefühl. Sitz er schräg neben dem Buchstaben ist der Schreibende ein ungeduldiger Mensch, schräglinks daneben ist er dazu noch zögerlich. Wer statt Punkten Kreise malt, hat ein kindliches Gemüt.
Außerdem schauen Graphologen nach sogenannten Girlanden (zugeschriebene Eigenschaften: kontaktfreudig, offen), bei denen „n“ und „u“ schwer auseinanderzuhalten sind, oder nach Arkaden (zugeschriebene Eigenschaften: zurückhaltend, introvertiert), bei den Buchstaben „m“, „n“ oder „h“, die an einen Bogen erinnern. Wenn die Buchstaben „n“, „m“ und „u“ eher einer Linie gleichen, sprechen Graphologen von einer fadenförmigen Schreibweise (zugeschriebene Eigenschaften: anpassungsfähig, flexibel). Sind die Linien eher zackig als geschwungen, schließen die Schriftdeuter auf eine entschlossene Person mit Durchsetzungsvermögen.
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Gibt es Eigenschaften, die tatsächlich an der Handschrift erkennbar sind?
Manche Schriftmerkmale deuten auf bestimmte Eigenschaften, wie beispielsweise das Geschlecht hin. Frauen wird oft eine elegantere oder verspieltere Handschrift als Männern zugeschrieben. Ob es sich um eine weibliche oder männliche Person handelt, kann man an der Schönschrift jedoch letztlich nicht sicher bestimmen.
Was erkennbar sein kann, ist ein hohes Alter des Schreibenden. Denn Schreiben erfordert ein präzises Zusammenspiel von Muskeln, Nerven und den Hirnarealen, die für die Motorik zuständig sind. Bei älteren Menschen können feinmotorische Störungen auftreten, die in einem weniger gleichmäßigen Schriftbild erkennbar sind. Zudem schreiben Ältere häufig größer, weil sie schlechter sehen als in jüngeren Jahren. Das genaue Alter lässt sich daraus natürlich nicht erkennen.
Auch Krankheiten können die Handschrift verändern, zum Beispiel Parkinson. Die Erkrankung äußert sich vor allem in Bewegungsstörungen und führt sukzessive zu einer kleineren Schrift (Mikrografie). Im späteren Verlauf ist dann auch das krankheitstypische Zittern der Hände in der Schrift sichtbar.
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Ist Graphologie nun Humbug oder nicht?
In Deutschland ist die Graphologie eine untergeordnete Disziplin der Psychologie und ist in der Persönlichkeitsdiagnostik angesiedelt. Sie wird jedoch allgemein sehr kritisch gesehen, denn ein zweifelsfreier Zusammenhang zwischen der Handschrift und Persönlichkeit konnte bisher nicht bewiesen werden.
Video: Mythos Graphologie – Was ist dran an der Handschriftendeutung?
Wirtschaftpsychologe Uwe Peter Kanning von der Hochschule Osnabrück erklärt in 15 Minuten Mythen rund um die Graphologie:
Wofür wird Graphologie genutzt?
Recruiting
Heute wird die graphologische Beurteilung des Charakters und der Persönlichkeit nur noch selten angewendet. Früher jedoch, als generell noch viel mehr mit der Hand geschrieben wurde, engagierten Firmen Graphologen, um geeignete Bewerber für eine Stelle zu finden. Diese sollten dann, zum Beispiel anhand des handschriftlichen Anschreibens oder der Unterschrift der Kandidaten, Rückschlüsse auf deren Charaktereigenschaften, wie Intelligenz, soziale Kompetenzen, Kreativität oder Belastbarkeit ziehen. Mittlerweile wurde die Graphologie durch andere wissenschaftlich fundiertere Tests und Verfahren aus der Psychologie bei der Bewerbersuche weitestgehend verdrängt.
Forensik
In der Schule lernen alle Kinder die gleichen Buchstaben, trotzdem entwickelt jeder Mensch eine ganz individuelle Handschrift. Dieser Prozess zieht sich bis ins Erwachsenenalter hinein. Ist die eigene Handschrift einmal vollständig ausgebildet, bleibt sie in der Regel (bis auf kleine Veränderungen) gleich.
Sie ist außerdem unverwechselbar! Deshalb können Sachverständige mittels forensischer Handschriftenanalyse herausfinden, ob zum Beispiel zwei Briefe von derselben Person verfasst wurden oder ob eine Unterschrift echt oder gefälscht ist. Sie vergleichen dafür unter anderem die Größe, Neigung und Druckstärke der einzelnen Buchstaben sowie die Abstände zwischen den Buchstaben und Wörtern. Jedoch interpretieren sie im Gegensatz zu Graphologen keine Persönlichkeitsmerkmale in das Geschriebene hinein.
Unser Tipp: In unserem Beitrag „Was ist Schreibschrift?“ lernen Sie alles über die Entwicklung der persönlichen Handschrift.
Handschreiben bedeutet Wertschätzung
Aus dem Schriftbild lassen sich vielleicht keine Persönlichkeitsmerkmale herauslesen, aber aus der Tatsache, dass Sie (noch) mit der Hand schreiben schon: Sie schätzen die schöne Kulturtechnik aus analogen Zeiten und zeigen mit einem handschriftlich verfassten Brief oder einer liebevoll formulierter Grußkarte Ihre Wertschätzung gegenüber dem Empfänger. Wir von Staehlin unterstützen Sie gerne dabei! In unserem Geschäft in Kempten bekommen Sie neben feinen Schreibgeräten, auch hochwertige Briefpapiere, Journals und wunderschöne Glückwunschkarten. Kommen Sie doch mal vorbei. Wir beraten Sie gerne!